Archiv der Kategorie: Ringvorlesung

Ausschluss durch Bildung? Soziale Ungleichheiten im deutschen Bildungssystem

Vortragender: Prof. Dr. Kai Maaz (Universität Frankfurt a.M. / DIPF Berlin)

„Ungleichheit im Bildungssystem ist ein Stück sozialer Realität, Chancengleichheit ein normatives Postulat“. Zu dieser Einschätzung kam Heiner Meulemann Mitte der 1970er Jahre. Seit dem hat sich vieles im deutschen Bildungssystem verändert. Insbesondere nach den Befunden der ersten PISA-Studie ist auch das Thema der sozialen Ungleichheit wieder in der politischen, allgemeinen und wissenschaftlichen Öffentlichkeit präsent. Kein Befund scheint so stabil und zäh zu sein, wie die Kopplung der sozialen Herkunft an den Bildungserfolg. Oft bleiben die verwendeten Begriffe aber unscharf und ungeklärt und es werden zu schnell wertende Schlussfolgerungen gezogen. Der Vortrag möchte sich daher mit den zentralen Begriffen wie soziale Ungleichheit und Chancengerechtigkeit auseinandersetzen und sich mit der Frage beschäftigen, welche Erscheinungsformen es von sozialer Ungleichheit im Bildungssystem gibt, wo und wie sie entsteht und ob und unter welchen Gesichtspunkten Chancengerechtigkeit im Bildungssystem realisierbar ist. Dabei wird ein Überblick über die Erscheinungsformen in den unterschiedlichen Bildungsbereichen gegeben. Schließlich sollen Steuerungsmöglichkeiten zum Abbau sozialer Ungleichheiten diskutiert werden.

Selbstverwirklichung Gehörloser und Bildungsgerechtigkeit durch schriftlichen Dialog

Vortragender: John A. Albertini (Rochester Institute of Technology)

In Deutschland und in den USA identifizieren sich viele Studenten als Mitglieder einer kulturellen Minderheit. Ob gehörlos oder schwerhörig, was sie von normalhörenden Leuten trennt ist Sprache und Kommunikation. In diesem Sinn fühlen sie sich genauso isoliert und benachteiligt wie andere kulturelle Minderheiten und Behindertengruppen. In den USA wachsen viele gehörlose Kinder in Kleinstädten auf, ohne andere Gehörlose kennen zu lernen. Wenn sie mit anderen Gehörlosen an der Universität in Kontakt kommen, fängt oft eine Selbstverwirklichung als Gehörlose(r) an.

Die Entwicklung einer Gehörlosen-Identität weckt Interesse an eigenen Rechten der Behinderten in der Gesellschaft. Das Argument dieses Vortrags ist, dass wir—Lehrer, Dozenten, Berater und Tutoren—diese Selbstverwirklichung, und letztendlich auch größere Bildungsgerechtigkeit, durch schriftlichen Dialog fördern können. Erfahrungen in Deutschland und den USA zeigen, dass diese Art von Schreiben Sprache- und Schreibentwicklung, Reflektion und Selbstverwirklichung fördert.

Studienabbruch und seine vielfältigen Hintergründe

Vortragender Dr. Ulrich Heublein (Stellvertretender Arbeitsbereichsleiter Studierendenforschung, DZHW)

Der Studienabbruch ist kein kurzfristig eintretendes Ereignis, bei ihm handelt es sich vielmehr um einen Prozess, der sich durch beträchtliche Komplexität auszeichnet. Alle bisherigen empirischen Untersuchungen belegen, dass u. a. eine Vielzahl von Faktoren, die in der vorhochschulischen Bildungssozialisation zu verorten sind, auf die Ausbildung einer Abbruchmotivation Einfluss nehmen. Diversitätsdimensionen wie Herkunft und Bildungsverlauf spielen dabei eine große Rolle. Eine dauerhafte Erhöhung des Studienerfolgs lässt sich deshalb nicht allein durch Lösungen erreichen, die – wie z. B. die Beschränkung der Abbruchintervention auf Tutorien oder Brückenkursen – den Studienabbruch ausschließlich auf einen ursächlichen Aspekt reduzieren.

Aus technischen Gründen konnte die Veranstaltung leider nicht aufgezeichnet werden.