Archiv der Kategorie: Ringvorlesung

Auf dem Weg zu einer barrierefreien Hochschule: Möglichkeiten und Grenzen der Sicherung der Teilhabe an Bildung durch Nachteilsausgleiche

Vortragende: Prof. Dr. Annett Thiele (Universität Leipzig)

Die Lebenssituation und Heterogenität von Studierenden mit Beeinträchtigungen und die sich daraus ergebenden Unterstützungsbedarfe stellen für Hochschulen noch immer eine besondere Herausforderung dar. Die studentischen Informationswege und –Zeitpunkte, die für eine angemessene Beratung notwendig sind, sind oft unklar und werden spät – meist erst nach Aufkommen größerer Probleme – in Anspruch genommen. Dabei ist es gerade für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung besonders wichtig, dass ihnen ein geordnetes und verlässliches Beratungsverfahren angeboten wird, in dem sie über ihnen zur Verfügung stehende Nachteilsausgleiche informiert werden. Auf der anderen Seite müssen aber auch Mitarbeiter_innen der Hochschulen zu Arten und Funktionen von Nachteilsausgleichen beraten und informiert werden, um mögliche Unsicherheiten im Umgang mit diesem noch immer wenig bekannten Instrument zu beseitigen. Gerade die Form der Beratung von Studierenden und Mitarbeiter_innen bieten die Möglichkeit, Nachteilsausgleiche in Lehre und Prüfung für den Dozenten/die Dozentin näher zu bringen und die Chancengleichheit für die Studierenden zu gewährleisten.

Der Vortrag greift praktische Erfahrungen auf, die die Referentin in ihrer Arbeit als Behindertenbeauftragte und Professorin an der Universität Leipzig gesammelt hat. Dabei liegt der Fokus auf folgenden drei wichtigen Fragen: Was ist ein Nachteilsausgleich? Wie werden die Bedarfe konkret festgelegt? An welche Nachteilsausgleichsbedarfe muss in Lehre und bei Prüfungen gedacht werden und wo liegen die Schwierigkeiten bei der Umsetzung?

Bildungerechtigkeit und „Affirmative Action“ – ein philosophischer Annäherungsversuch

Prof. Dr. Matthias Kaufmann (MLU Halle-Wittenberg, Professur für Ethik)

Der Bologna-Prozess hat nicht nur die deutsche Hochschullandschaft grundlegend verändert und Lehrende wie Studierende an Universitäten und (Fach-)Hochschulen vor neue Herausforderungen gestellt, er wird auch vermehrt begleitet von der Forderung nach Gerechtigkeit im Kontext von Bildung und Hochschule. War in den siebziger Jahren im Gefolge der „68-Generation“ die Öffnung der Hochschulen ein überwiegend „linkes“ Projekt, so erfährt die gegenwärtige Öffnung verbal eine breite politische Unterstützung und wird von der Wirtschaft eingefordert. Diese Forderung nach Öffnung des Bildungssystems bedeutet für die Hochschulen auch eine angemessene Berücksichtigung der Vielfalt der Hochschulmitglieder. Der Vortrag wendet sich den Bemühungen zu, Gerechtigkeit, insbesondere Bildungsgerechtigkeit durch Maßnahmen im Sinne der „Affirmative Action“ als gezielte Förderung unterrepräsentierter Gruppen zu erreichen und beleuchtet die sich daraus ergebenden Möglichkeiten, aber auch die theoretischen und praktischen Probleme.

ArbeiterKind.de: Von einem Internetportal zur bundesweiten Community für Studierende der ersten Generation

Vortragende: Katja Urbatsch (Gründerin und Geschäftsführerin von ArbeiterKind.de)

In Deutschland lässt sich die Wahrscheinlichkeit, ob ein Kind studieren wird, immer noch am Bildungsstand der Eltern ablesen. Laut der aktuellen 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) nehmen von 100 Akademikerkindern 77 ein Studium auf. Dagegen studieren von 100 Nicht-Akademikerkindern lediglich 23 obwohl doppelt so viele die Hochschulreife erreichen. Die finanzielle Belastung ist dabei nur einer von vielen Gründen, die diese Abiturienten von einem Studium abhalten. Aus eigener Erfahrung kennt Katja Urbatsch die Herausforderungen und Hürden, die junge Menschen bewältigen müssen, wenn Sie als erste in der Familie studieren möchten. Daher gründete Sie 2008 das Internetportal ArbeiterKind.de, das sich schnell zur bundesweiten Organisation mit heute 6.000 Ehrenamtlichen in 75 lokalen ArbeiterKind.de-Gruppen entwickelte. In Ihrem Vortrag spricht Sie über die Erfahrungen und Herausforderungen von Studierenden der ersten Generation an der Hochschule. Darüber berichtet Sie vom Aufbau und der Arbeit ihres gemeinnützigen Sozialunternehmens ArbeiterKind.de, das Schülerinnen und Schüler aus nicht-akademischen Familien durch ein bundesweites Netzwerk von ehrenamtlichen Vorbildern zum Studium ermutigt und auf dem Weg zur Hochschule sowie zum erfolgreichen Studienabschluss unterstützt.